Homing soll Fische zurück in die Enns bringen

Der Fischereiverein Gesäuse-Gstatterboden will heimische Fischarten in der Enns und im Johnsbach wieder ansiedeln. Unterstützung kommt von Seiten des Nationalpark Gesäuse.

Ende der 1990er-Jahre sei der Fischbestand in der Enns zusammengebrochen und habe sich seither nicht mehr erholt, sagt Alexander Maringer, Zoologe im Nationalpark Gesäuse. Die Gründe dafür seien vielfältig und nicht auf eine einzige Ursache zurückzuführen. Mitverantwortlich für das Verschwinden einst heimischer Arten seien unter anderem das Eingreifen in natürliche Flussläufe, aber auch das Vorkommen von Fischfressern, wie dem Kormoran, so Maringer. „Jetzt stehen wir gleich vor zwei Problemen. Zum einen ist der Fischbestand zu gering, um sich selbst reproduzieren zu können. Und zum anderen ist das Eingreifen von Menschenhand insofern schwierig, weil in die Enns eingesetzte Zuchtfische große Anpassungsschwierigkeiten hätten“, gibt der Zoologe zu bedenken. Ein vom Fischereiverband Gesäuse-Gstatterboden initiiertes Projekt soll nun eine Lösung herbeiführen. 

Höhere Überlebenschancen

25 Mitglieder zählt der Fischereiverein Gesäuse-Gstatterboden. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, die donaustämmige Bachforelle sowie die Enns-Äsche im Johnsbach und in der Enns wieder anzusiedeln. „Beide Arten waren einst hier heimisch und kommen perfekt mit den Bedingungen vor Ort zurecht“, sagt der Obmann des Fischereiverbands Gesäuse-Gstatterboden, Adolf Buder, der jedoch auch die großen Anstrengungen betont, die mit dem Vorhaben verbunden sind, denn „Fische, wie die donaustämmige Bachforelle und die Enns-Äsche, kauft man nicht einfach in einer Zoohandlung. Da braucht es einen guten Kontakt zu Züchtern, um diese Arten überhaupt zu bekommen.“ Ganze zwei Jahre Vorbereitung waren nötig, bis heuer erstmals die donaustämmige Bachforelle in einer eigens dafür angefertigten Box im Rückstaubecken des Envesta-Wasserkraftwerks „Johnsbach I“ aufgezogen werden konnte. „Homing nennt man diese Art von Aufzucht, die direkt im Heimatgewässer stattfindet“, erklärt Buder. Der Vorteil: Statt auf große Besatzfische greift man auf befruchtete Fischeier zurück, die, geschützt in einer Box, in das jeweilige Gewässer eingesetzt werden. Gleich nach dem Schlüpfen werden die Jungfische in die Freiheit entlassen. So sind sie bereits von Anfang an mit den Bedingungen ihres Heimatgewässers vertraut, wodurch sich ihre Überlebenschancen deutlich erhöhen. „Mit dieser Methode konnten wir frisch geschlüpfte donaustämmige Bachforellen auch in die Enns erfolgreich einsetzen“, berichtet Buder über den geglückten Auftakt im Bereich von Gstatterboden.

Weitere Partner gewinnen

Wie gut diese Vorgehensweise funktioniert, zeigt ein Vorzeigeprojekt auf der Ybbs, „das wir uns gemeinsam mit den Verantwortlichen des Fischereivereins vor Ort angeschaut haben“, sagt Alexander Maringer, denn auch der Nationalpark Gesäuse unterstützt die Wiederansiedlung heimischer Fischarten, indem „wir unser Know-how einbringen und Kontakte herstellen, um einen Erfahrungsaustausch zu ermöglichen“, so Maringer. Schließlich wolle man die Idee, der Enns neues Leben einzuhauchen, auch weitertragen. „Die Enns rinnt ebenso durch den Nationalpark Gesäuse. Daher hoffen wir, dass jene Partner, die den Fluss oberhalb und unterhalb des Schutzgebiets bewirtschaften, das Problem des Fischrückgangs erkennen und die Idee des Fischereivereins Gesäuse-Gstatterboden aufgreifen und mit anpacken“, so Nationalparkdirektor Herbert Wölger, denn direkt im Nationalparkgebiet sei kein menschlicher Eingriff möglich. Mit an Bord sind bereits der heimische Energieproduzent Envesta und die Steirischen Landesforste, die das Projekt ebenso unterstützen, das auf einen Zeitraum von vier Jahren anberaumt ist. In drei Jahren will der Nationalpark Gesäuse eine Erhebung des Fischbestands in der Enns durchführen. „Vielleicht lassen sich dann bereits erste Erfolge nachweisen“, zeigt sich Zoologe Alexander Maringer zuversichtlich. 

Fisch ist nicht gleich Fisch – Bachforellen und Äschen müssen an ihren Lebensraum angepasst sein

© Wolfgang Ecke

In eigens gebauten Behältern werden die Fischeier an ihre Umgebung gewöhnt © Fischereiverein Gesäuse-Gstatterboden

Geschlüpfte Jungfische © Fischereiverein Gesäuse-Gstatterboden

Jungfische werden in die Enns entlassen © Fischereiverein Gesäuse-Gstatterboden

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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