VCÖ: 60 Prozent der Verkehrsunfälle passieren in der Steiermark im Ortsgebiet

Die StVO-Novelle, die es Gemeinden und Städten erleichtert, Tempo 30 umzusetzen, wurde gestern im Nationalrat beschlossen. Parteiübergreifend mehr als 280 Gemeinden und Städte, darunter viele aus der Steiermark, haben gemeinsam mit VCÖ und Städtebund eine leichtere Umsetzung von Tempo 30 gefordert. Die Mobilitätsorganisation VCÖ weist darauf hin, dass in der Steiermark zuletzt 60 Prozent der Verkehrsunfälle und sogar mehr als  90 Prozent der Fußgängerunfälle im Ortsgebiet passierten. Tempo 30 statt 50 halbiert den Anhalteweg, reduziert die Zahl und die Schwere der Unfälle, rettet Menschenleben.

Der VCÖ begrüßt die gestern im Nationalrat beschlossene StVO-Novelle, die es ab 1. Juli Gemeinden und Städten erleichtert, Tempo 30 umzusetzen, insbesondere dort, wo vermehrt Kinder oder ältere Menschen unterwegs sind, wie beispielsweise bei Schulen, Kindergärten, Seniorenheime, Krankenhäuser oder Freizeiteinrichtungen. „20 Kilometer pro Stunde klingen nach wenig, machen aber in der Verkehrssicherheit einen großen Unterschied. Tempo 30 statt 50 halbiert den Anhalteweg, reduziert die Zahl und die Schwere der Unfälle, rettet Menschenleben“, stellt VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky fest. Der VCÖ hat im Vorjahr eine Initiative für eine leichtere Umsetzung von Tempo 30 gestartet, die vom Österreichischen Städtebund und österreichweit parteiübergreifend von mehr als 280 Gemeinden und Städten, davon 36 aus der Steiermark, unterstützt wurde.

Sechs von zehn Verkehrsunfällen in der Steiermark passieren im Ortsgebiet. Allein im Jahr 2022 (die Daten für das Jahr 2023 wurden von der Statistik Austria noch nicht veröffentlicht) wurden bei 3.047 Verkehrsunfällen im Ortsgebiet 3.649 Menschen verletzt, 13 Menschen kamen ums Leben.  Noch höher ist der Anteil der Unfälle im Ortsgebiet bei Fußgängerunfällen: Im Jahr 2022 passierten 93 Prozent der Fußgängerunfälle im Ortsgebiet. Bei 389 Fußgängerunfällen wurden 170 Personen schwer und drei tödlich verletzt, informiert der VCÖ. Jeder 4. Fußgängerunfall betraf Seniorinnen und Senioren, jeder achte ein Kind.

„Verkehrsberuhigung und niedriges Tempo des Kfz-Verkehr sind sehr wirksame Maßnahmen, um den Straßenverkehr für Kinder und ältere Menschen sicherer zu machen“, betont VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky. Zuletzt zeigte eine Evaluierung für die französische Stadt Lille, dass in den zwei Jahren nach Einführung von großflächigem Tempo 30 im Jahr 2022, die Zahl der Verkehrsunfälle um ein Drittel abnahm, die Zahl der Unfälle mit Schwerverletzten und Todesopfern sogar um 39 Prozent.

Darüber hinaus sind Straßen, wo 50 Kilometer pro Stunde gefahren werden darf, für die Anrainerinnen und Anrainer lauter. „Straßen im Ortsgebiet sind nicht nur ein Verkehrsweg für den Kfz-Verkehr, entlang der Straßen wohnen auch viele Menschen. Und es sind hier auch viele zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs. Auf die Gesundheit und Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner ist entsprechend Rücksicht zu nehmen“, erinnert VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky.

Auch Eltern nehmen Straßen, wo 50 km/h gefahren werden darf, als gefährlicher wahr, wodurch Kinder häufiger im Elterntaxi chauffiert werden und seltener selbständig zu Fuß oder mit dem Fahrrad mobil sind. Auch das Überqueren dieser Straßen ist schwieriger, vor allem für ältere Menschen, die Barrierewirkung der Straße ist stärker.

„Mehr Tempo 30 statt 50 im Ortsgebiet erhöht die Verkehrssicherheit, erleichtert es der Bevölkerung Alltagswege zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückzulegen, verringert Verkehrslärm und Abgasbelastung und erhöht die Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner. Die Erfahrungen zeigen zudem, dass Verkehrsberuhigung und Tempo 30 Nahversorgung und Einzelhandel stärken“, fasst VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky zusammen.

Damit das Tempolimit eingehalten wird, sind auch Kontrollen wichtig. Bisher konnten nur Gemeinden und Städte mit eigenem Wachkörper Tempokontrollen durchführen. Der VCÖ begrüßt es, dass die StVO-Novelle vorsieht, dass künftig Gemeinden und Städte beim jeweiligen Bundesland eine Kontrollerlaubnis beantragen können.

Die VCÖ-Initiative für mehr Tempo 30 haben parteiübergreifend 36 steirische Gemeinden und Städte unterstützt, unter anderem von Bad Aussee, Bruck an der Mur, Frohnleiten. Gratwein-Straßengel, Leoben, Lieboch, Liezen, Lobmingtal, Semriach, Weiz und  Wildon (alle unterstützenden Gemeinden und Städte https://vcoe.at/tempo30/die-unterstuetzenden-staedte-und-gemeinden).

Der “VCÖ – Mobilität mit Zukunft” ist eine auf Mobilität und Transport spezialisierte, gemeinwohlorientierte Organisation. Ziel des VCÖ ist ein ökologisch verträgliches, ökonomisch effizientes und sozial gerechtes Verkehrssystem. Die Sichtweise des VCÖ ist global orientiert, themenübergreifend und berücksichtigt die Interessen zukünftiger Generationen. Der VCÖ wurde im Jahr 1988 gegründet.

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

error: (c) arf.at