Gelsen: Wofür sind die denn gut?

Der Sommer ist die mückenreichste Zeit im Jahr – doch wo sind die Mückenschwärme heuer verblieben? Warum es heuer deutlich weniger Stechmücken gibt und wofür diese – trotz ihrer Vorliebe für menschliches Blut – gut sind, erklärt Naturschutzbund-Expertin Carolina Trcka-Rojas.

Warum Stechmücken Blut saugen: Nur die weiblichen Gelsen sind Plagegeister, denn sie benötigen die im Blut enthaltenen Proteine und das Eisen für die optimale Entwicklung ihrer Eier. Für den eigenen Energieerhalt trinken sie hingegen – wie auch die Männchen – Pflanzensäfte oder Nektar.

Wofür Gelsen gut sind: Viele mögen sich wünschen, dass Mücken gänzlich aus unserem Ökosystem verschwänden, doch die Natur hält ihre eigene Balance und jede Art hat ihren Sinn im ökologischen Netz: So werden wir nur bei „Kinderwunsch“ der Stechmückendamen – von den ansonsten recht friedlichen Bestäubern – in Mitleidenschaft gezogen. „Auch wenn ihre Bestäubungsleistung im Vergleich zu „Schlüsselgruppen“ wie Wildbienen, Schwebfliegen oder Tagfaltern eher gering ist, gibt es eigene Pflanzenarten, die fast ausschließlich von Mückenarten bestäubt werden“, weiß Naturschutzbund-Expertin Carolina Trcka-Rojas. Zudem sind Mücken bzw. noch viel mehr deren Larven ein wichtiger Teil der Nahrungskette: Die adulten Mücken werden für gewöhnlich im Flug – beispielsweise von Schwalben, Libellen oder Spinnen in Netzen – gefangen und verspeist. Mückenlarven werden von verschiedenen Tierarten, unter anderem Kaulquappen, Fischen und vielen anderer Insektenarten vertilgt. „Die kleinen, sehr ungeschützten und in großen Massen auftretenden Mückenlarven sind gerade für viele Tiere in ihren vulnerabelsten und frühesten Lebensstadien bedenkenlos verzehrbar, bevor sie später auf größere Nahrung umsteigen“, so die Naturschutzbund-Expertin. „Interessant ist auch, dass Mückenlarven Kleinplankton und Schwebstoffe aus dem Wasser filtern und so zur Reinigung von Gewässern beitragen.“

Warum es heuer weniger Gelsen gibt: Heuer war das Frühjahr eher „schwach“: Die Temperaturen waren im April und Mai vergleichsweise niedrig, sodass die Mücken-Population mit nur wenigen Individuen in den Jahreskreis gestartet ist. Der Juni war zwar warm, aber viel zu trocken für die Entwicklung einer größeren Population. Häufige Wetterumschwünge behinderten zudem deren Entwicklung und für richtig große Mückenschwärme gab es zu wenige Überschwemmungen.

Wie es zu starken Mückenjahren kommt: In warmen und feuchten Frühjahren startet die Entwicklung der Mücken-Populationen besonders früh. Frühe Populationen können sich bis in den Sommer – der Hochzeit der meisten Mückenarten – vervielfachen. Was ihre Larvenhabitate angeht, sind Mücken sehr anpassungsfähig und genügsam: Meist reicht ihnen eine kleine Pfütze, die nicht so bald wieder austrocknet, um sich gänzlich zu entwickeln. „Besonders beliebt sind stehende Gewässer, wie Regentonnen oder Wasserkuhlen in Plastikplanen. Dort entwickeln sich schnell Millionen an Larven, da sie vor Fressfeinden, die größere Wassermengen und natürlichere Habitate benötigen, gänzlich geschützt sind“, so Trcka-Rojas. Einige Mückenarten, beispielsweise die Wiesenmücke, Aedimorphus vexans, legen ihre Eier in feuchte Gebiete, ohne dabei ein länger vorhandenes Stillgewässer zu benötigen, sie werden als sogenannte „Überschwemmungsmücken“ bezeichnet. Die Eier können monatelang im Boden überdauern. Überschwemmungen aktivieren das Schlüpfen der Larven. Oftmals gibt es dann plötzlich auftretende Riesen-Schwärme, wie etwa im vergangenen Jahr. Selbst in vermeintlich schlechten Gelsenjahren kann es nach einem einzelnen Starkregen nach übermäßiger, länger anhaltender Trockenheit zu einer Explosion an Mücken kommen.

Was man gegen Gelsen tun kann: Feinmaschige Mückengitter an Fenstern und Balkontüren halten nicht nur die stechenden Plagegeister fern, sondern verhindern auch, dass sich andere Tiere wie Nachfalter oder Käfer in unsere Wohnräume verirren und nicht mehr hinausfinden. Ungenutzte Wasserquellen wie Regentonnen, Eimer und Blumentöpfe mit Gaze abdecken und Pfützen auf Planen oder alten Reifen reduzieren und diese regelmäßig leeren, verhindert die Vermehrung von Stechmücken. Empfehlenswert ist auch, naturnahe Klein- oder Kleinstgewässer anzulegen, die verschiedensten heimischen Arten zugutekommen: Die Antagonisten, also die natürlichen Feinde der Mücken – wie etwa Libellen, Steinfliegen und Amphibien – können sich hier vermehren und ausbreiten und in diesen kleinen Oasen die Plagegeister in Zaum halten.

Bildinfo: Mücken treten oft in großen Ansammlungen auf, hauptsächlich während der Dämmerung und in der Nacht. Nur weibliche Mücken stechen und saugen Blut, da sie dieses für die Entwicklung ihrer Eier benötigen. 
© Pixabay

Über den Autor

Markus Raich
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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