SP-Lindner: Österreichweites Vorzeigeprojekt bringt 15 Notfallsanitäter*innen gegen Versorgungslücken in Liezen

Nach jahrelangen Forderungen bilden Med Uni Graz und Steirisches Rotes Kreuz neue Lebensretter*innen für größten Bezirk Österreichs aus

Graz/Liezen – Seit Jahren ist die Notfallversorgung in ländlich geprägten Regionen wie dem Bezirk Liezen ein heißes politisches Thema. Der größte Bezirk Österreichs ist so groß wie die Bundesländer Vorarlberg und Wien gemeinsam – doch gerade in seinem östlichen Teil klafft eine notfallmedizinische Versorgungslücke. Direkt an der Steirischen Eisenstraße, dort wo 16.000 Menschen leben und arbeiten, kann es bis zu 40 Minuten dauern, bis im Notfall ein Notarzt-Team eintrifft. Genau das hat der SPÖ-Sprecher für Einsatzorganisationen und Liezener Abgeordnete Mario Lindner schon lange kritisiert: „Regelmäßig erleben wir, dass Einsatzflüge in dieser Region wegen schlechten Wetters abgebrochen werden müssen. Und auch dann, wenn bei hohem Einsatzaufkommen gerade alle Notarzt- Hubschrauber im Einsatz sind, bleibt für den Herzinfarkt in einer Gemeinde wie Landl keiner mehr übrig.“

Bisher mussten Betroffene in solchen Fällen warten, bis ein Notarzt-Einsatz-Fahrzeug aus der weiteren Umgebung, also aus Orten wir Rottenmann, Leoben oder Waidhofen in Niederösterreich, eintrafen. „Für manche Patient*innen war das zu lange. Unsere dringende Empfehlung einen Notarzt-Stützpunkt an der Steirischen Eisenstraße einzurichten, wurde durch die Verantwortlichen des Landes bisher ignoriert. Wir haben daher nach Lösungen im eigenen Verantwortungsbereich gesucht. Und so entstand die Idee für dieses einzigartige Projekt“, freut sich Lindner, der auch die Rot-Kreuz-Ortstelle Altenmarkt-Großreifling an der Steirischen Eisenstraße leitet. Gemeinsam riefen die Med Uni Graz und das Rote Kreuz Steiermark eine einzigartige Bildungspartnerschaft ins Leben und beschlossen in noch nie dagewesener Form eine Ausbildung für Notfallsanitäter*innen in der von der notärztlichen Versorgungslücke betroffenen Region an der Steirischen Eisenstraße zu organisieren. Dazu werden bewusst auch Medizin-Studierende eingeladen, die so die speziellen Anforderungen des Rettungs- und Notarztdienstes im ländlich-alpinen Raum kennenlernen können und damit Erfahrungen machen, die man in Graz oder anderen Städten in dieser Form nicht machen kann. Den gesamten Sommer lang wird nun an der Steirischen Eisenstraße intensiv gelernt und trainiert – alles mit dem Ziel die Teilnehmer*innen fit für ihre spätere Tätigkeit zu machen.

„Was die Flugretter*innen am Notarzt-Hubschrauber sind, sind die Notfallsanitäter*innen am Notarztwagen. Sie sind absolute Rettungstechnik-Expert*innen, Spitzen- Organisationstalente und medizinisch so umfassend ausgebildet, dass man sich blind auf sie verlassen kann. Auch wenn sie am Rettungswagen ohne Notärzt*innen im Einsatz sind, übernehmen sie kompetent die Versorgung, bis diese vor Ort sind. Das kann auch bedeuten, dass sie lebensrettende Medikamente verabreichen um die Patient*innen zu stabilisieren“, erklärt Lindner die Wichtigkeit dieses einzigartigen Ausbildungslehrgangs für Notfallsanitäter*innen. Neben medizinischen Fachvorträgen, interaktiven Planspielen und problembasierte Lerneinheiten warten viele, viele Stunden Simulator-Training auf die angehenden Notfallsanitäter*innen. Trainiert werden kann beinahe alles, vom Geburtszwischenfall über Notfälle bei Säuglingen und Kleinkindern bis hin zu notärztlichen Maßnahmen bei Herzinfarkt und Schlaganfall. Auch die Durchführung lebensrettender Notfall-Eingriffe bei Schwerverletzten steht am Trainingsplan.

Um dieses Projekt auf die Beine zu stellen, brauchte es den Einsatz und die Begeisterung vieler verschiedener Akteure: „Ohne die Expertise und den enormen Einsatz der Med Uni Graz und den großen Einsatz aller Beteiligten hätten wir dieses Vorreiter-Projekt genausowenig auf die Beine stellen können, wie ohne die tatkräftige Unterstützung des Roten Kreuzes Steiermark! Unser Dank gilt daher nicht nur Thomas Wegscheider, Notfallmediziner und Leiter der Organisationseinheit Medizindidaktik an der Med Uni Graz, und Vize-Rektor Erwin Petek sondern auch dem Präsidenten des Roten Kreuzes Steiermark, Siegfried Schrittwieser, sowie den beiden Vize-Präsidenten Michael Gruber und Otto Marl und allen Unterstützer*innen aus der gesamten Region!“, freut sich Lindner über den gelungenen Projekt-Start, „Wenn, wie bei diesem Projekt, Rettungsdienst und Universität eng zusammenarbeiten, dann profitieren alle Seiten davon! Und ich bin auch davon überzeugt, dass noch zwei weitere Seiten von innovativen Projekten wie jenem in Liezen profitieren: Nämlich der ländlich-alpine Raum in ganz Österreich und die Menschen, die dort leben!“

© Sebastian Pay

Über den Autor

Markus Raich
Medieninhaber u. Geschäftsführer

Comments

  1. Notfallsanitäter – einzigartig, dass es so lange gedauert hat, bis Notfallversorgung gemäß dem SanG von 2003 durch NFS gewährleistet wird

  2. Die Kollegen könnten sich in Niederösterreich ein Bild machen, wo Notfallsanitäter aufgrund ihrer Kompetenzen für einen Großteil der Einsätze keinen Notarzt mehr brauchen. Das ist die Zukunft des Rettungswesens.

  3. Notfallsanitäter*innen sollten der absolute Standard sein und nur mit dem NFS ist es nicht getan, dieser benötigt auch noch die Ausbildungen der Notfallkompetenzen. Ihre Aufgabe ist es lebensbedrohliche Zustände mittels Medikamentengabe und weiterem bis zum Eintreffen eines Notarztes abzuwenden, bzw. den Zustand stabil zu halten. Es ist dringend notwendig mehr NFS auszubilden und flächendeckend bereitzustellen.

  4. Grundsätzlich ist jede Ausbildung eines neuen Notfallsanitäters zu begrüßen. Aber …

    16 neue NFS als “Österreichweites Vorzeigeprojekt” zu bezeichnen geht an der Realität vorbei. Niederösterreich hat ca. 2000 Notfallsanitäter, davon verfügen ca. 1000 über die Notfallkompetenzen NKV (Venenpunktion) und NKI (Intubation). Niederösterreichweit ist die Zahl der Notarzteinsätze in den letzten Jahren aufgrund der forcierten NKV Ausbildung um ein Drittel zurück gegangen, in manchen Gegenden mit hohem Ausblldungsstand der Sanitäter um wesentlich mehr. NFS und vor allem NFS-NKV haben ca. 30 Medikamente zur Verfügung, die sie ohne Rücksprache mit einem Notarzt eigenverantwortlich geben dürfen und auch geben. Einsätze wie Schmerztherapie, Hypoglykämie, Hypertonie, Anaphylaxie und viele mehr werden in Niederösterreich von NFS-NKV routinemäßig ohne Notarzt abgewickelt. Seit Einführung der erweiterten Schmerztherapie vor einem Jahr gab es ca. 3000 Anwendungen durch Notfallsanitäter, davon ca. 300 von Esketamin. Dabei gab es keine einzige (null) Komplikation. Basierend auf diesem Erfolg wird bis 2040 die Anzahl der Notarztstützpunkte in Niederösterrreich von 36 auf 22 reduziert.

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