JKU Forschung: Drohnenschwarm ahmt Vögel nach und optimiert die Sicht durch Blätterdächer

Lernen von der Natur: Die beeindruckenden Fähigkeiten von Vogelschwärmen haben sich Forscher*innen der Johannes Kepler Universität Linz zum Vorbild genommen und nun erstmals Drohnenschwärme getestet, die sich wie ihre natürlich Vorbilder verhalten und durch Blätterdächer von Wäldern „hindurchsehen“ können. Sie sollen künftig bei der Erkennung und Verfolgung beweglicher Objekte, wie Personen, Tiere, und Fahrzeuge zum Einsatz kommen.

Seit 2023 forscht das JKU Institut für Computergrafik (Leitung: Univ.-Prof. Oliver Bimber) gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen und der Otto von Guericke Universität Magdeburg daran, die etablierte JKU Technologie „Airborne Optical Sectioning“ (AOS) auf sich bewegende Objekte zu erweitern. AOS ermöglicht durch ein spezielles Abtastprinzip, Gegenstände und Personen zu erkennen, die unter einem Blätterdach verborgen sind. Dazu werden in Echtzeit Bilder, die von Flugzeugen oder Drohnen aufgenommen werden, analysiert – und die Verdeckung durch Blätter weggerechnet. Allerdings war das bisher nur für statische Objekte möglich. Die vom FWF und der DFG geförderte Forschung geht nun einen Schritt weiter.

Schwarm aus sechs Drohnen getestet
Die AOS-Methode wurde nun in Zusammenarbeit mit dem Institut für Kommunikation und Navigation des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) weiterentwickelt und für Drohnenschwärme optimiert, die dynamische Objekte autonom erkennen und verfolgen. Nach umfangreichen Simulationen wurde das System erstmals im Feldversuch auf einem Gelände der Bundeswehr im Pöckinger Gemeindeteil Maising erprobt. „Unsere autonomen Drohnenschwärme ahmen das Schwarmverhalten von Vögeln nach, um kollektiv immer eine optimale Sicht auf das aufzufindende Objekt zu erhalten. Das kann zum Beispiel eine vermisste Person sein, ein Fahrzeug, oder bei Wildbeobachtung ein Rudel Wildtiere“, erklärt Prof. Bimber.

Der Vorteil: Drohnen-Schwärme bieten eine größere Erfassungsfläche als einzelne Flugobjekte und, bedingt durch das Schwarmverhalten, verbessern sie die Sichtbarkeit unter der Vegetation, indem sie sich je nach Örtlichkeit angepasst verhalten. „Der Schwarm verhält sich wie eine sehr große, adaptive optische Linse“, so Bimber. „Die entwickelten, in vielerlei Hinsicht einzigartigen Techniken und das Know-how ermöglichen zukünftige Anwendungen in Search & Rescue, Wildtierüberwachung und tragen zugleich dazu bei, Europas Führungsposition im Bereich der Roboterintelligenz zu sichern.“

Hervorragende Genauigkeit
In den nun durchgeführten ersten Tests durchsuchte der autonome Schwarm die Umgebung nach unbekannten oder unerwarteten Ereignissen, verfolgte diese und passte dabei kontinuierlich sein Abtastmuster an, um es für die lokalen Sichtbedingungen zu optimieren. Eingesetzt wurden dabei Schwärme von bis zu sechs Drohnen. „Dabei erreichten wir eine durchschnittliche Positionsgenauigkeit von 0,39 m. Das heißt, die Position der gesuchten Person konnte auf weniger als einen halben Meter genau festgestellt werden“, so Bimber. Mit einer durchschnittlichen Präzision von 93,2 % und einer durchschnittlichen Wiederauffindungsrate von 95,9 % wurden herausragende Werte erzielt.

Schnelle Echtzeitauswertung
Ebenso beeindruckend war die technische Leistung hinter den Tests. Nicht nur konnten Probleme durch Sensorrauschen vermieden werden, sondern es wurde auch eine extrem schnelle Verarbeitung der Videodaten erreicht (ca. 600 Millisekunden pro errechnetem Schwarm-Formationsschritt). Bislang können so Schwärme bis zu zehn Drohnen ausgeschickt und ihre Daten ausgewertet werden.

Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Österreichischem Wissenschaftsfonds (FWF) gemeinsam finanziert und wurde nun im renommierten Nature Fachmagazin „Communications Engineering“ publiziert.

Autonomer Drohnenschwarm findet Temperatursignatur einer Person unter dichter Vegetation.

Credit: Shutin: privat; Bimber: JKU

Über den Autor

Markus Raich
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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