Mangelnde Rad-Infrastruktur ist großes Sicherheitsrisiko für E-Bike-Fahrer
Zwei E-Bike-Fahrer kamen im Vorjahr in der Steiermark im Straßenverkehr ums Leben, ein Todesopfer trug einen Radhelm. Auf Radwegen und anderen Radverkehrsanlagen gab es in der Steiermark so wie auch in den anderen Bundesländern keinen einzigen tödlichen E-Bike-Unfall, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten der Statistik Austria zeigt. Das Tragen eines Radhelms beim E-Bike-Fahren ist jedenfalls zu empfehlen, aber eine Helmpflicht hat negative Seiteneffekte. Zudem gibt es deutlich wirksamere Maßnahmen, um die Sicherheit für das Fahren mit E-Bikes zu erhöhen, betont die Mobilitätsorganisation VCÖ. Eine gute Rad-Infrastruktur ist für die Sicherheit beim E-Bike-Fahren zentral. Das Budget des Bundes zur Unterstützung des Ausbaus der Rad-Infrastruktur in den Bundesländern ist zu erhöhen, fordert der VCÖ.
“Das größte Problem für die Sicherheit beim Fahren mit Elektrofahrrädern ist die fehlende Rad-Infrastruktur”, fasst VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten der Statistik Austria zusammen.
Im Vorjahr wurden in der Steiermark 490 E-Bike-Fahrende bei Verkehrsunfällen verletzt. Zwei Drittel der Unfälle verliefen glimpflich, 327 wurden leicht verletzt, wie die VCÖ-Analyse zeigt. 163 Personen, die mit einem Elektrofahrrad im Straßenverkehr einen Unfall hatten, wurden schwer verletzt. 65 Prozent von ihnen trugen einen Radhelm. Zwei Menschen kamen mit dem E-Bike bei einem Verkehrsunfall ums Leben, ein Todesofper trug einen Helm. Im Bundesländer-Vergleich weist die Steiermark die höchste Anzahl an im Straßenverkehr verletzte E-Bike Fahrer auf.
“Ein Radhelm mindert bei Unfällen Schäden und Verletzungen und sollte daher getragen werden. Die Unfallstatistik zeigt aber, dass es trotzdem zu tödlichen oder schweren Verletzungen kommen kann. Und die Unfallstatistik des Vorjahres zeigt, dass es auf Radwegen und anderen Radverkehrsanlagen österreichweit keinen einzigen tödlichen E-Bike-Unfall gab. Um schwere Unfälle zu vermeiden, braucht es vor allem mehr sichere Infrastruktur zum Radfahren”, betont VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky.
Was auffällt: Kein einziger tödlicher E-Bike-Unfall ereignete sich auf einem Radweg oder anderen Anlagen für den Radverkehr, wie die VCÖ-Analyse zeigt. Und damit ist die Steiermark keine Ausnahme, auch in den anderen Bundesländern gab es keinen einzigen tödlichen E-Bike-Unfall auf Radverkehrsanlagen. Dazu zählen gemeinsame Geh- und Radwege, Radfahrstreifen, Mehrzweckstreifen, Radfahrüberfahrten, erlaubtes Radfahren gegen die Einbahn und erlaubtes Rechtsabbiegen bei Rot. Besonders sicher sind eigene Radwege: Nur sechs Prozent der in der Steiermark verletzten E-Bike-Fahrer waren am Radweg unterwegs.
“Eine gute Rad-Infrastruktur ist eine ganz zentrale Maßnahme, um die Sicherheit beim E-Bike-Fahren zu erhöhen”, erklärt VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky. Da die Rad-Infrastruktur in Österreich viele Jahrzehnte lang sträflich vernachlässigt wurde, ist der Aufholbedarf groß. “Die Kürzung der Bundesmittel für die Unterstützung des Radwegeausbaus in den Bundesländern und Städten ist ein Rückschritt für die Bemühungen, die Sicherheit für den Radverkehr allgemein und für das Fahren mit E-Bikes im Besonderen, zu erhöhen”, stellt VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky fest.
Die Unfallstatistik unterstreicht die Dringlichkeit und Wichtigkeit des verstärkten Radwegeausbaus. Alle österreichweit 20 tödlichen E-Bike-Unfälle des Vorjahres ereigneten sich auf herkömmlichen Straßen, elf im Ortsgebiet und neun auf Freilandstraßen, informiert der VCÖ. In der Steiermark passierten beide tödlichen E-Bike-Unfälle auf Freilandstraßen mit Tempolimit 100. Drei Viertel der auf Freilandstraßen verletzten E-Bike-Fahrer trugen einen Radhelm. “Gerade entlang von Freilandstraßen müssen baulich getrennte Radwege der Standard werden. Es gibt mehrere Möglichkeiten, das Schritt für Schritt umzusetzen”, betont VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky. In Kärnten wurde zum Beispiel bei einer überbreiten Freilandstraße ein Grünstreifen ausgefräst und die Fahrbahn rechts davon wurde ein Radweg. Zudem kann jede Baustelle bei einer Freilandstraße genutzt werden, um dort, wo ein Radweg fehlt, diesen im Zuge der Sanierung zu errichten. Überall dort, wo es keine Rad-Infrastruktur gibt, sollte das Tempolimit auf Freilandstraßen maximal 80 km/h betragen.
Im Ortsgebiet gab es in der Steiermark keinen tödlichen E-Bike-Unfall. Im Ortsgebiet ist mehr Tempolimit 30 statt 50 eine sehr kostengünstige, rasch umsetzbare Maßnahme, um für alle Altersgruppen das Radfahren sicherer zu machen, stellt der VCÖ fest. Insgesamt wurden auf den herkömmlichen Fahrbahnen im Ortsgebiet 227 Personen mit E-Bike verletzt, 71 Prozent davon leicht.
Jeder dritte E-Bike-Unfall betrifft Seniorinnen und Senioren, bei den Schwerverletzten beträgt der Anteil der Generation 65 plus 37 Prozent, bei den tödlichen Unfällen 50 Prozent. Eine Radhelmpflicht würde dazu führen, dass die Unfallopfer auch dann, wenn sie völlig unschuldig in einen Unfall verwickelt werden, aber den Radhelm vergessen haben, automatisch Teilschuld haben. Dadurch können unschuldige Unfallopfer zusätzlich mit finanziellen Belastungen konfrontiert sein. “Gerade für ältere Menschen sind Fahrräder, die einen unterstützenden Elektromotor haben, eine Chance länger selbständig mobil zu sein und gleichzeitig auch, auf regelmäßige gesunde Bewegung zu kommen. Hier kann durch gezielte und positive Bewusstseinsarbeit sowie Kursangebote die Helmtragequote weiter erhöht werden”, stellt VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky fest.
VCÖ: Großteil der E-Bike Fahrenden verunglücken abseits von Radverkehrsanlagen (Mit E-Bike im Straßenverkehr in der Steiermark verunglückt, im Jahr 2024)
Leicht verletzt: 327 (davon 74 Prozent auf herkömmlicher Fahrbahn)
Schwer verletzt: 163 (davon 77 Prozent auf herkömmlicher Fahrbahn)
Tödlich verletzt: 2 (davon 100 Prozent auf herkömmlicher Fahrbahn)
Quelle: Statistik Austria, VCÖ 2025