Ab November sind in vielen Bundesländern erneut Fischotter aller Altersstufen per Verordnung zum direkten Abschuss freigegeben. Aus Sicht des Naturschutzbundes stellt dies einen klaren Verstoß gegen den Muttertierschutz dar. Die Organisation fordert die Länder auf, endlich von der Scheinlösung „Abschuss“ auf Kosten des Tier- und Artenschutzes abzusehen und sich auf die Lebensraumverbesserung unserer Flüsse zu fokussieren.

In Kärnten, Niederösterreich, Salzburg, der Steiermark und Oberösterreich dürfen Fischotter während der Wintermonate entsprechend den bestehenden Landesverordnungen direkt getötet werden – und zwar in sämtlichen Lebensstadien. Laut Auskunft der Landesregierungen erfolgen 95 Prozent der Fischotterentnahmen durch direkte Tötung im Winter. In den übrigen Monaten ist ein Abschuss nur nach Lebendfang und unter Ausschluss erwachsener Weibchen erlaubt. Diese als Muttertierschutz gedachte Regulierung ist allerdings aufgrund ihrer zeitlichen Begrenzung inkonsequent.
Fischotter bringen ganzjährig Nachwuchs zur Welt
Denn Fischotter haben keine feste Paarungszeit, weshalb Jungtiere das ganze Jahr über geboren werden können. Zudem bleiben die Jungen lange auf die Fürsorge der Mutter angewiesen, bis sie ausreichend Erfahrung für ein selbstständiges Überleben gesammelt haben. Weibchen können daher zu jeder Jahreszeit abhängige Jungtiere haben – und zur Nahrungssuche vorübergehend von ihnen getrennt sein. Die Geschlechtsbestimmung ist selbst beim Lebendfang schwierig, im Feld praktisch unmöglich. Die Folge: Mit jedem getöteten Weibchen riskieren die Länder, unbemerkt ganze Würfe verhungern zu lassen.
Qualvolle Totschlagfallen in Kärnten
Besonders drastisch ist die Situation in Kärnten. Dort erlaubt die Verordnung im Winter den Einsatz von „Conibear“-Fallen unter Wasser – einer Fallentechnik, die in vielen EU-Staaten aus Tierschutzgründen verboten ist. „Diese Fallen töten nicht verlässlich sofort. Unter Wasser aufgestellt, kann es zum qualvollen Ertrinken kommen oder die Tiere erleiden schwere Verletzungen. Zudem stellen die Fallen eine Gefahr für andere Arten und sogar für Menschen dar“, warnt Lucas Ende, Artenschutzkoordinator des Naturschutzbundes Österreich.
Weil die Bejagung des nachtaktiven Fischotters ohnehin als schwierig gilt, überrascht es kaum, dass laut Kärntner Landesregierung ein Großteil der dort getöteten Otter – mindestens 60 Prozent – in oder an solchen Totschlagfallen verendet. In allen anderen Bundesländern sind diese Fallen verboten, weshalb dort der direkte Abschuss die gängigste Tötungsmethode bleibt. Als Konsequenz weist Kärnten seit Jahren die mit Abstand höchsten „Entnahme“-Zahlen auf: Seit 2018 wurden dort mehr als 270 Fischotter getötet, und damit über 50 Prozent der bundesweiten Gesamtzahl.
Fischotter-Tötungen „für die Fisch“
Zusätzlich zu dem hohen Risiko für unselbstständige Jungtiere fehlt jeder wissenschaftliche Beleg, dass Otterabschüsse Fischbestände tatsächlich entlasten. Pilotstudien in Kärnten, Oberösterreich und im Burgenland konnten nach Reduktionen des Otterbestandes keine positiven Effekte für die Fischerei bestätigen. Dennoch halten die Bundesländer am Abschuss fest – und riskieren sogar, die eigenen Entnahmequoten unbeabsichtigt zu überschreiten, da verwaist zugrunde gehende Jungtiere nicht erfasst werden können.
Der Naturschutzbund fordert daher einen Kurswechsel: „Wer Fischbestände wirklich schützen will, muss die Ursache anpacken – den schlechten ökologischen Zustand unserer Flüsse“, so Thomas Wrbka, Präsident des Naturschutzbundes. „Die Fischotter-Verordnungen sind nicht nur fachlich unhaltbar, sondern produzieren auch unvertretbares Tierleid.“


Die Bestimmung des Geschlechts ist bei Fischottern beim Lebendfang schwierig, im Feld praktisch unmöglich. Mit jedem getöteten Weibchen riskieren die Länder also, unbemerkt ganze Würfe verhungern zu lassen. © Josef Limberger, Pixabay, Lucas Ende
















