Strukturierte Diagnosedokumentation optimiert Austausch klinischer Daten
Ab 2026 sollen in der ambulanten Versorgung in Österreich standardisierte Diagnosecodes eingeführt werden, was eine Herausforderung für Ärzt*innen darstellt. Im hektischen Praxisalltag bleibt kaum Zeit für aufwendige Recherchen nach dem passenden Code. Sekundenschnelle Codierung ist daher ein Muss.
Der Austausch klinischer Daten soll in Österreich künftig durch Codes aus SNOMED CT erleichtert werden. SNOMED CT ist der weltweit umfangreichste Terminologiestandard im Gesundheitswesen. SNOMED CT enthält über 370.000 Codes und Beschreibungen für Erkrankungen, Befunde, Prozeduren, Wirkstoffe, Organismen und vieles mehr. Die deutschsprachige Übersetzung wird von der ELGA GmbH – als österreichisches SNOMED CT National Release Center (NRC) – in Zusammenarbeit mit den NRCs Deutschlands und der Schweiz betreut. Dank einer Lizenz des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMASGPK) ist die Nutzung von SNOMED CT kostenfrei.
Österreichweite Kooperation
Im Rahmen einer im Jahr 2024 gestarteten Kooperation mit dem Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Dokumentation der Med Uni Graz baut die ELGA GmbH auf den Vorarbeiten und der Expertise des international anerkannten Terminologie-Experten Stefan Schulz auf, Universitätsprofessor an der Med Uni Graz für das Fach Medizinische Informatik. Ziel der Zusammenarbeit ist die SNOMED-Codierung von Diagnoseangaben – zunächst im ambulanten Bereich, perspektivisch auch in weiteren Sektoren des Gesundheitssystems.
Im Laufe von zwölf Jahren haben Stefan Schulz und sein Team Hunderttausende sprachliche Ausdrücke aus dem vor allem in Österreich, aber auch in Deutschland und der Schweiz gebräuchlichen medizinischen Fachjargon gesammelt und mithilfe teilautomatisierter Verfahren SNOMED-Codes zugeordnet. Darunter befinden sich zahlreiche in Arztbriefen und Befunden vorkommende Abkürzungen. Als „Graz Interface Terminology for SNOMED CT“ wird diese Ressource nun gemeinsam weiterentwickelt. Sie ist eine wichtige Grundlage für das vom BMASGPK entwickelte und betriebene e-Health-Codierservice. Dieses steht kostenfrei als Unterstützung für die strukturierte Erfassung von Diagnosen zur Verfügung. Für Softwarehersteller gibt es bereits einen technischen Demobetrieb.
Meilenstein des Gesundheitswesens
Engmaschige Anpassungen an die sich stetig weiterentwickelnde Medizinsprache erfordern eine langfristige Kooperation und den Einsatz moderner Technologien – darunter auch künstliche Intelligenz – zur Inhaltspflege und Qualitätssicherung. Für die ELGA GmbH ist dabei die kontinuierliche Einbindung der Ärzteschaft von zentraler Bedeutung. So konnten bereits in den ersten Projektphasen zentrale Anliegen der Österreichischen Ärztekammer, wie Benutzerfreundlichkeit, die Abbildung des medizinischen Sprachgebrauchs und das Prinzip „Dokumentieren statt Codieren“, berücksichtigt werden.
Stefan Schulz hebt hervor: „Die gemeinsame Arbeit an der Einführung von SNOMED CT ist ein Meilenstein für die Digitalisierung des österreichischen Gesundheitswesens und richtungsweisend für den gesamten deutschsprachigen Raum. SNOMED CT ermöglicht eine feingranulare und bedeutungserhaltende klinische Dokumentation über System- und Sprachgrenzen hinweg. Die Interface-Terminologie der Med Uni Graz bildet die Brücke zwischen Medizinjargon und einem internationalen Standard, der die Qualität der ärztlichen Dokumentation auf ein neues Level hebt. Das Gesundheitssystem ist durch die Optimierung der Zusammenarbeit der verschiedenen Akteur*innen besser für weitere Herausforderungen gerüstet. Die kontinuierliche Pflege und Weiterentwicklung dieser Terminologiesysteme werden die digitale Gesundheitslandschaft nachhaltig prägen.“
Weitere Informationen zu SNOMED CT, den aktuellen Entwicklungen in Österreich sowie den Forschungsarbeiten am Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Dokumentation finden Sie unter:
snomed.org; codierservice.ehealth.gv.at; elga.gv.at; und imi.medunigraz.at/forschung

Stefan Schulz
Credit: Med Uni Graz/Wittmann