Künstliche Intelligenz verbessert die Vorhersage von Sonnenstürmen

Zwei neue wissenschaftliche Studien der GeoSphere Austria liefern wichtige Beiträge zur Analyse und Vorhersage von Weltraumwetter.

Die Sonne sendet ständig Strahlung und geladene Teilchen in den Weltraum. Bei einer Sonneneruption (Sonnensturm) wird von der Sonne innerhalb kurzer Zeit eine große Menge an Teilchen ausgestoßen, zusammen mit starken Magnetfeldern. Trifft ein Sonnensturm auf das Magnetfeld der Erde, kann er Polarlichter verursachen und im Extremfall auch Störungen bei Satelliten, Navigationssystemen und Stromnetzen.

Eines der weltweit führenden Space Weather Teams

Um rechtzeitig vor solchen Ereignissen zu warnen, arbeitet das Space Weather Office der GeoSphere Austria in Graz an innovativen Methoden zur Echtzeit-Vorhersage von Sonnenstürmen, unterstützt durch Methoden Künstlicher Intelligenz (KI). Zwei vor kurzem abgeschlossene wissenschaftliche Studien zeigen dabei große Fortschritte und gehören zum weltweiten Spitzenfeld der Erforschung dieses Bereichs. Beide Studien entstanden aus Teilprojekten innerhalb eines vom FWF geförderten Projekts mit dem Titel “Verbesserte Sonnensturmmodellierung mit Machine Learning” (Projektleitung: T. Amerstorfer).

KI-Brille“ für Satelliten der NASA

Das Teilprojekt Beacon2Science nutzte maschinelles Lernen (eine Methode der KI), um Bilddaten aus dem Weltall zu verbessern und in nahezu Echtzeit für die Prognose verfügbar zu machen:

Die NASA-Mission STEREO beobachtet mit speziellen Kameras im Weltall die Sonne und Sonnenstürme. Die hochwertigen, vollständigen Bilddaten sind aber erst drei bis vier Tage nach der Aufnahme auf der Erde verfügbar. Sehr schnell verfügbar, in nahezu Echtzeit, sind hingegen Bilder mit deutlich geringerer Qualität, sogenannte Beacon-Daten.

„Unser neues KI-Programm lernt im Vergleich von vorhandenen Daten, wie ein hochwertiges Bild aussehen soll, und verbessert mit diesem Wissen die schnell verfügbaren Bilder geringerer Qualität“, erklärt Justin Le Louëdec vom Space Weather Office der GeoSphere Austria. „Die Ergebnisse sind sehr vielversprechend: Wir bringen mit dieser Methode die Qualität der schnell verfügbaren Bilddaten deutlich näher an die der hochwertigen Bilddaten, die erst ein paar Tage später eintreffen. Das ist ein enorm wichtiger Zeitgewinn, weil diese Bilder uns dabei helfen, Sonnenstürme besser analysieren und vorhersagen zu können.“

Automatische Erkennung von Sonnenstürmen

Bilddaten von der Sonne (wie von Beacon2Science) werden immer noch größtenteils von Menschen analysiert, um Sonnenstürme und mögliche Gefährdungen für die Erde zu erkennen. Hier setzte das zweite Teilprojekt STRUDL (Solar Transient Recognition Using Deep Learning) an, das sich mit der automatisierten Erkennung von Sonnenstürmen in Bilddaten beschäftigte:

„Das ist ein sehr komplexes Problem: Jeder Sonnensturm sieht etwas anders aus, und die Bildqualität ist oft ungleichmäßig. Bislang war die Analyse eine zeitaufwändige Aufgabe für Forscherinnen und Forscher“, sagt die Weltraumwetter-Expertin Maike Bauer von der GeoSphere Austria. „Mit Methoden Künstlicher Intelligenz, wie dem von uns entwickelten Programm, lassen sich Sturmbilder hingegen schnell und automatisch auswerten und wichtige Eigenschaften wie Ausbreitungsrichtung und Form bestimmen. Das ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur automatisierten Weltraumwetter-Vorhersage. Denn je früher wir wissen, was auf uns zukommt, desto besser kann auf der Erde darauf reagiert werden, sei es beim Satellitenbetrieb, in der Luftfahrt oder im Stromnetz.“

Die entwickelte KI wurde mit tausenden Bildern der NASA Raumsonde STEREO-A trainiert und kann mittlerweile vor allem starke Sonnenstürme zuverlässig erkennen und verfolgen. Bei schwächeren oder sich überlagernden Sonnenstürmen hat die automatische Erkennung noch Potenzial zur Verbesserung. Aber das Projekt zeigte auch: Je mehr Trainingsdaten das Programm verarbeitet, desto besser werden die Ergebnisse.

Dieses Verfahren wird künftig auch bei neuen europäischen Missionen zum Einsatz kommen, wie der Vigil-Mission der Europäischen Weltraumorganisation ESA, die ab 2031 die Sonne vom sogenannten Lagrange-Punkt L5 aus beobachten wird. Diese Position bietet einen zusätzlichen Blickwinkel auf Sonnenstürme und ermöglicht damit eine bessere Abschätzung ihrer Richtung und Geschwindigkeit.

KI ist mächtiges Werkzeug im Bereich Space Weather

Ein möglicher nächster Schritt ist die Verbindung beider Teilprojekte, um die automatisch verbesserten Eingangsdaten von der Sonne auch automatisch nach Sonnenstürmen und die möglichen Gefährdungen für die Erde zu untersuchen.
Beide Projekte zeigen: Moderne Methoden Künstlicher Intelligenz sind ein mächtiges Werkzeug in der Weltraumforschung und tragen dazu bei, die Infrastruktur der Erde besser zu schützen.

Über den Autor

Markus Raich
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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