Bad Aussee: Die Markter Trommelweiber am Faschingmontag

Von Dr. Christoph Auerböck (Dissertation 2009)

Achtung: Aufgrund der Veränderung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens sind unter Umständen manche genannten Betriebe heute nicht mehr existent oder haben ihren Standort verlagert.

Am Faschingsmontag haben die “Markter-Trommelweiber” ihren Auftritt. Gemeint sind die „Bürgerlichen“ zum Unterschied von den „Arbeitertrommelweibern“, die einen Tag später ausrücken. Man spricht von der Gemeinde Bad Aussee in der Alltagssprache vom „Markt“. Die Stadterhebung fand erst am 1. Jänner 1994 statt. Im Dialekt werden die Bad Ausseer deshalb zu „Markter“ oder als „Mårika“, in einer etwas abgewandelten Form hört man auch „Moarker“, daher, auch um eine leichter Lesbarkeit zu erreichen, hat sich Markter Trommelweiber eingebürgert.

Alle Trommelweiber-Gruppen sind klubähnliche Vereinigungen, die aber von einem gewählten Komitee geführt werden. Es besteht aus einem „Obertrommelweib“, einem „Fähnrich/Fahnenträger“ und einem verdienten, langjährigem Mitglied. Die Aufnahme erfolgt während des Umzuges in einem Gasthaus: Sie besteht aus dem Essen von Pfefferoni, dem Trinken von einem Viertelliter Schnaps in einem Zug, dem Nachsprechen eines Eides und dem Kuss der Trommelweiberfahne. Aufgenommen werden nur Bürger der mittlerweile zur Stadtgemeinde erhobenen „Marktes“ Bad Aussee. Unter „Bürger“ versteht man auch zugezogene Geschäftsleute, die zumindest einige Jahre in Aussee ausgehalten haben.Wie oft bei den Faschingsbräuchen stehen hinter den “Weibermasken” aber ausschließlich Männer. Ihren Namen verdanken sie den mitgeführten großen und kleinen Trommel.

Vor dem 2. Weltkrieg waren noch gut hundert Jahre alte Grenadiertrommeln im Einsatz, die aber kaum noch erhalten sind, und der getragenen Frauenkleidung. Diese wird als ein Nachtgewand empfunden, das aus einem Spitzenhäubchen, einer Jacke, und einem Unterrock besteht. Getragen werden Frauenlarven aus Papier oder Kunststoff, die in einschlägigen Geschäften erworben werden können.

Ab acht Uhr treffen sie sich vor dem bzw. im “Gasthof zur blauen Traube”, dann ziehen sie unter großer Lärmentwicklung, wobei man immer wieder den “Ausseer Faschingmarsch” heraushören kann, durch verschiedene Gasthäuser.Angeführt werden sie von einem “Obertrommelweib”, das eine Fahne schwingt.

An deren Spitze werden Wurstkränze und “Beugeln” – ein ringförmiges Fastengebäck – als Spende für einen späteren gemeinsamen Verzehr aufgehängt. Mit den Trommeln und Topfdeckeln wird schon ein beachtlicher Lärm erzeugt. Die Musikanten beginnen einige Takte zu spielen. Nach und nach kehrt Ordnung ein und es wird losmarschiert. Zuerst wird das nahegelegene Krankenhaus besucht, dann setzt sich der Zug über den Meranplatz, Chlumeckyplatz, Haupt- und Ischlerstraße fort. Die Route ist nicht alle Jahre gleich. Gab es in den 1970er Jahren noch das Krahwinkel, den Öhlinger, das Bräustüberl, den Goldene Adler, so kehren sie jetzt in der Pensionsversicherungsanstalt, im „Vital Bad“ und in den Banken und Sparkassen ein. Auch die jetzt fehlenden Wirtshäuser werden noch nostalgisch bedacht, ein Beispiel: Sie bekommen beim „Krahwinkel“ noch einen Wurstkranz auf ihre Fahne geheftet und mit einem flotten Spruch wird an längst vergangene Zeiten gedacht. So geschehen 2004, als das langjährige Obertrommelweib Rudolf Raudaschl das Amt an seinen Nachfolger Andreas Winkler übergab.

Die Teilnehmer sind wie erwähnt, nicht nur geborene Ausseer, die früher noch dazu ein Haus besitzen sollten. Aber mit den Veränderungen und der Auflösung von getrennten sozialen Schichten werden auch diese Voraussetzungen – Einheimisch/Hausbesitzer – nicht mehr so genau genommen. Diese Faschingsveranstaltung wird aber im wesentlichen von einem traditionsbewußten Bürgertum getragen. Nach jedem Aufenthalt mahnen das Obertrommelweib und der Fahnenträger zum Aufbruch. „A Jaus‘n hab‘m ma g‘habt, s‘Bier is aus und jetzt gehn ma in die Volksbank“ – mit solchen Sprüchen soll das Weiterziehen erleichtert werden. Mehr oder weniger geordnet, setzt dann der Zug seinen Marsch fort, bis man um die Mittagszeit die Hauptstraße erreicht.

Vor dem Rathaus wird nun in lustiger Weise vom Bürgermeister der Schlüssel der Gemeinde, als Symbol für die Regentschaft des Faschings an das Obertrommelweib übergeben. Einige gereimte Verse nehmen das abgelaufene Jahr der Gemeinde auf‘s Korn. Meist ist sogar der Bürgermeister maskiert, aber nicht als Trommelweib, das macht er bei den Arbeitertrommelweibern am nächsten Tag.

Heute kommt es am Platz vor der Volksbank zur Aufnahme neuerMitglieder. Früher wurde der Kandidat auf der Gemeindewaage mit Schnapsstamperln so lange “austariert”, bis die Waage einen Ausschlag anzeigte; der Kandidat musste eine unvorstellbare Menge Schnaps trinken. Heute wird ein Achtel Liter Branntwein mit einem Pfefferoni gereicht, aber vorher müssen die Novizen feierlich schwören, die Faschingtage zu heiligen, keiner Arbeit nachzugehen und sich vor allem dem Alkohol zu widmen.

Der vollständige Eid lautet:

Ich gelobe an den heiligen drei Faschingstagen,

alle Kraft dafür einzusetzen –

jeden Arbeitseifer schon im Keim zu ersticken.

Meine Ernährung ausschließlich auf geistvoll – flüssige Substanzen auszurichten.

Noch mehr Wirtshäuslichkeit als sonst an den Tag zu legen.

Dem Rufe der Trommel jederzeit und bedingungslos Folge zu leisten

und nur in der Treue zur ruhmreichen Trommelweiberfahne nicht zu schwanken!

Die „Dudl“

Eine besondere Figur hebt sich aus dem Trommelweiberzug ab, es ist die „Dudl“. Ein Mann stülpt sich ein hölzernes, reifförmiges Gestell über seinen Körper, darüber ist ein altmodisches rosarotes Frauengewand drapiert, am Kopf prangt ein Häubchen und in der Hand hält er einen Sonnenschirm. Die „Dudl“ erinnert an die ersten Sommerfrischlerinnen des 19. Jahrhunderts, aber sie erfüllt im Faschingzug eine andere wichtige Aufgabe: Sie ist der verlängerte Arm des Obertrommelweibes. Mit dem Sonnenschirm gibt sie den Nachzüglern den Takt an.

Bei den Männern ist diese Figur aus einem einfachen Grund nicht sehr beliebt: man kann sich mit diesem Gestell einfach nicht hinsetzen. So muss sich die „Dudl“ bei jeder Einkehr in einem Gasthaus von ihrem „Reifrock“ befreien, um sich dann vom anstregenden Marschieren auszuruhen. In den 1970er Jahren ging zeitweilig gar keine „Dudl“ mit, erst als Olaf Bockhorn auf das Fehlen dieser Figur aufmerksam machten, erklärte sich jemand bereit, diese Maske wieder zu verwenden.

Die Musikanten sind meist keine Mitglieder der Trommelweiber, es sind Musikanten von heimischen Blaskapellen die mit ihren Instrumenten den „Ausseer Faschingsmarsch“ unermüdlich intonieren. Zusammen mit den Trommeln und dem Schlagen der Topfdeckel ergibt es einen durch Mark und Bein gehenden Klang, den man nicht so schnell aus dem Gehör bekommt.

Die Entstehung der Trommelweiber

„…auf jeden Fall haben die Weiber die Mona hoamtrommelt und eines Tages haben hab‘n eane des die Mona nochg‘mocht und des is über 200 Joahr aus… wir hab‘n oan, der is 100 Joahr und der kann sie daran erinnern….“

Diese Geschichte, verbunden mit einem Witz, wird gerne beim Abschied von einem gastfreundlichen Haus erzählt. Die Trommelweiber fallen mit einem Trommelwirbel ein. Nur ist sie leider nicht wahr. Bei dieser Narrengruppe kommt die verkehrte Welt zum Ausdruck. Im Ostalpenbereich, in der Schweiz (z. B. Sargans) und im süddeutschen Raum verkleiden sich traditionelle Gruppen Männer als Frauen.

Über die Ursprünge dieses Maskenbrauchs ist leider nichts bekannt. Dass „früher“ die Ehefrauen die Männer aus den Wirtshäusern holten, wenn sie nicht nach Hause kamen und sich die Männer im Fasching, als Frauen verkleidet, dafür „rächten“, ist eine schöne Geschichte, aber sicher nicht die Ursache für die Gründung der Trommelweiber.

Eher sind wieder Parallelen in den Süddeutschen Raum zu erkennen, ähnlich wie bei den anderen Maskengruppen, den Flinserln und Pleß.

©Ingrid Hilbrand/ARF

Die Dudl – mit Schirm

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

Comments

  1. Wie dieser Herr Auerböck in seiner “sogenannten Dissertation” schreibt, sollten die Flinserl und die Trommelweiber aus dem süddeutschen Raum kommen.(Das wäre ja dann Baiern und Franken??)
    Bei den Flinserln bin ich mir fas sicher (Erzählungen von den Ururgrosseltern/Frächter mit Salz nach(Welschland Hoffentlich korrekt kamen diese aus dem italienischen Raum, Venedig? siehe unsere Veranden, welche heute noch unsere alten Villen prägen.Wie der Käse, siehe alter Papst, Casei u.s.w..
    Diese Trommelweiberbekleidung könnte ja auch slavisch sein?????????????
    Wäre sicherlich einer Nachforschung würdig.

    1. Christoph wohnt in Altaussee am Zenzenbühel: Die Vorbilder für die Flinserl haben mit dem Salzhandel zu tun und kommen aus Deutschland, Nürnberg scheint wahrscheinlich. Dass die Vorbilder aus Venedig kommen, ist auch von Baumeister Stadler, einem großen Kenner der Regionalgeschichte, immer bestritten worden.In den letzten Jahren ist diese romantsche Geschichte zwar immer wieder verbreitet worden, sie ist aber falsch.

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