Forschungspreise des Landes Steiermark verliehen

Wissenschafts- und Forschungslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl verlieh heute im Weißen Saal der Grazer Burg die Forschungspreise des Landes Steiermark für das Jahr 2023. Der Erzherzog-Johann-Forschungspreis, der Forschungspreis und der Förderungspreis für Wissenschaft und Forschung sind mit jeweils 12.000 Euro dotiert und werden jedes Jahr für herausragende Leistungen im Bereich der Wissenschaft und Forschung vergeben.

„Die Preisträgerinnen und Preisträger der Forschungspreise 2023 stehen stellvertretend für die vielen Forscherinnen und Forscher an heimischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die herausragende Leistungen erbringen. Dank ihres Engagements ist die Steiermark als Forschungs- und Innovationsland weit über die Grenzen hinaus anerkannt. Mit den Auszeichnungen wollen wir auf die Vielfalt und Qualität der steirischen Forschungslandschaft aufmerksam machen und die Bedeutung von Wissenschaft und Forschung für uns alle ins Bewusstsein rücken“, so Landesrätin Eibinger-Miedl. 

Der Erzherzog-Johann-Forschungspreis wurde an Michaela Schuller-Juckes vom Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien verliehen. Ellen Zechner vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Karl-Franzens-Universität Graz wurde mit dem Forschungspreis ausgezeichnet. Der Förderungspreis ging an Thomas Pölzler vom Institut für Philosophie der Karl-Franzens-Universität Graz und an Ingeborg Zechner vom Institut für Musikwissenschaft.

Erzherzog-Johann-Forschungspreis 2023 (für Leistungen, welche die politische, geisteswissenschaftliche und technologische Gesellschaftsentwicklung der Steiermark fördern):

Michaela Schuller-Juckes vom Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien für die Arbeit:

„Die illuminierten Handschriften der Universitätsbibliothek Graz. 1225–1300“

Die Grazer Universitätsbibliothek ist im Besitz einer reichen und wissenschaftlich bedeutenden Sammlung von mittelalterlichen Handschriften und Fragmenten, die für das steirische Kulturerbe von unschätzbarem Wert sind. Ein wichtiger Teil dieses Bestandes aus der Zeit von ca. 1225 bis 1300 wurde in der vorliegenden Publikation aus kunsthistorischer Perspektive ausgewertet und in seinen historischen und kulturellen Kontext eingebettet. Im Fokus stehen dabei die Internationalität der europäischen Buchkultur des 13. Jahrhunderts sowie die intellektuellen Ambitionen und der weite Horizont der Gelehrten und Kleriker dieser Zeit. Es entsteht so ein neues Bild von der kulturellen Blüte, die sich bereits im Mittelalter im östlichen Alpenraum entwickelte und hier sowohl anhand von wertvollen, illuminierten Bibliotheksstücken als auch von bescheiden ausgestatteten Alltagsbüchern dargestellt wird. Den Schwerpunkt bilden die Objekte selbst, die Bild- und Textträger zugleich sind und mit ihren zahlreichen Zusatzinformationen wie Besitzvermerken, Randnotizen, Einbandstempeln, kunstvollen Nähten und unterschiedlich verarbeiteten Pergamentblättern nicht nur für die Kunstgeschichte, sondern auch für andere Disziplinen sowie für ein weites kulturhistorisch interessiertes Publikum wertvolle Quellen unserer Vergangenheit sind.

Forschungspreis des Landes Steiermark 2023 (für hervorragende Leistungen anerkannter Wissenschafterinnen und Wissenschafter auf allen Gebieten der wissenschaftlichen Forschung):

Ellen Zechner vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Karl-Franzens-Universität Graz für die Arbeit:

„Enterotoxin tilimycin from gut-resident Klebsiella promotes mutational evolution and antibiotic resistance in mice”

Der Mensch ist Lebensraum für eine Vielzahl von Mikroben. Schon wenige Stunden nach der Geburt beginnt sich die bakterielle Gemeinschaft in unserem Darm zu formieren. Bei vielen Säuglingen gehört das Bakterium Klebsiella zu den ersten Neuankömmlingen. Im Allgemeinen sind die Arten, die uns besiedeln, von der Evolution so geprägt, dass sie gesundheitsfördernd wirken.  Gerät die Mikrobengemeinschaft jedoch unter Stress – etwa durch Antibiotikagabe – beginnen die Mikroben um ihr Leben zu kämpfen. Um die Krise zu überstehen, greifen einige Bakterien zu chemischen Waffen, um sich gegen andere „Mitbewohner“ zu behaupten. Welche verheerenden Auswirkungen ein solcher unter Stress gebildeter Wirkstoff auf das Darmökosystem haben kann, zeigen die Ausgezeichnete und ihr Team mit Hilfe von Mausmodellen (publiziert in Nature Microbiology 2022). Unter Antibiotikastress produzieren Klebsiella-Bakterien ein Toxin, das DNA schädigt, viele nützliche Arten abtötet und Mutationen in den überlebenden Bakterien verursacht. Die Studie weist nach, wie diese Mutationen neue Formen der Antibiotikaresistenz ermöglichen und wie das Abtöten von Bakterien die Zusammensetzung der Darmgemeinschaft beeinflusst. Die Daten zeigen eindrücklich, dass mikrobielle Interaktionen schon im frühesten Lebensalter das Darmökosystem massiv beeinflussen können und damit möglicherweise unmittelbare Auswirkung auf die Gesundheit neugeborener Kinder haben.

Förderungspreis des Landes Steiermark 2023 (für Wissenschafterinnen und Wissenschafter unter 40 Jahren):

Thomas Pölzler vom Institut für Philosophie der Karl-Franzens-Universität Graz für die Arbeit:

„Folk Moral Objectivism“

Philosophinnen und Philosophen diskutieren seit Anbeginn ihrer Disziplin, inwieweit moralische Urteile objektiv sind, d.h. unabhängig von unseren persönlichen und kulturellen Wertvorstellungen als wahr oder falsch betrachtet werden können. Aber wie denken Leute ohne spezielle philosophische Expertise über diese Frage? In jüngerer Vergangenheit haben zahlreiche wissenschaftliche Studien darüber Aufschluss zu geben versucht, ob philosophische Laien eher zum moralischen Objektivismus oder Nicht-Objektivismus tendieren. In seinen Arbeiten untersucht der Ausgezeichnete diese Studien aus einer philosophischen Perspektive. Darüber hinaus geht er der Frage nach, inwieweit wissenschaftliche Resultate dabei helfen können, philosophische Theorien zu bewerten. Diese Resultate sind nicht nur in wissenschaftlicher Hinsicht interessant, sie haben auch mögliche praktische Implikationen. Das wird unter anderem anhand zweier Beispiele illustriert: der Programmierung von autonomen Fahrzeugen und der Beförderung von Toleranz gegenüber Andersdenken.

Förderungspreis für Wissenschaft und Forschung des Landes Steiermark 2023

Ingeborg Zechner vom Institut für Musikwissenschaft der Karl-Franzens-Universität Graz für die Arbeit:

„Franz Waxman – Zwischen Filmmusik und Konzertsaal“

Franz Waxman zählte zwar zu den bekanntesten Vertretern der „klassischen“ Hollywood-Filmmusik, ist aber, im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen wie Miklós Rózsa, Erich Wolfgang Korngold oder Max Steiner, bislang nur lückenhaft erforscht. Die Monographie „Franz Waxman – Zwischen Filmmusik und Konzertsaal“ entwickelt am Beispiel Waxmans eine neue Perspektive auf Hollywoods Filmmusik der 1930er- bis 1960er-Jahre, die über rein biographische oder musikanalytische Einzelbetrachtungen hinausgeht. So wirkte Waxman in einem internationalen Umfeld nicht nur als Filmkomponist, sondern auch als Festivalveranstalter, Dirigent und Komponist von Konzertmusik. Inhaltlich zielt das Buch darauf ab, die bislang nur marginal erforschten medialen und ästhetischen Transfers „zwischen Filmmusik und Konzertsaal“ als integralen Bestandteil der Hollywood-Filmmusik der 1930er bis 1960er Jahre zu verdeutlichen. Diese Transfers passierten vor einem die Gegensätze zwischen „E- und U-Musik“ hervorhebenden Pressediskurs im Spannungsfeld zwischen Modernismus, kanonisierter Konzertkultur und zeitgenössischer Populärkultur. Durch die Einbeziehung und Verbindung unterschiedlicher methodischer Perspektiven (historisch-quellenkritisch, rezeptionsästhetisch, diskursanalytisch, (film)musikanalytisch, medienästhetisch, soziologisch) verfügen die aus dem vom Österreichischen Wissenschaftsfonds geförderten Projekt entstandenen Forschungsergebnisse über eine breite Anschlussfähigkeit für eine Vielzahl von wissenschaftlichen Disziplinen.

Foto (© Foto Fischer): Wissenschafts- und Forschungslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl (l.) und mit den Preisträgerinnen und Preisträgern der Forschungspreise des Landes Steiermark 2023: Michaela Schuller-Juckes (2.v.l.), Ingeborg Zechner (3.v.l..), Ellen Zechner (3.v.r.)., Christina Pölzler in Vertretung von Thomas Pölzler (2.v.r.) und LAbg. Klaus Zenz (r.)

Überreichung Forschungspreise des Landes Steiermark

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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