Graz, 31.8.2023
Angefangen hat alles mit einem Call des Bundesministeriums; ein Kunst-Projekt wurde gesucht. Inzwischen ist so viel mehr daraus geworden. Und nun fliegt die Theaterabteilung der Lebenshilfe Murau in die Türkei zum weltgrößten Kongress für Kunstvermittlung. Aber der Reihe nach.
Am Anfang stand ein Aufruf des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport: Gesucht wurden innovative Konzepte, wie man in kunstfremden Bereichen künstlerisch arbeiten kann. Die Lebenshilfe Murau und der Kunstverein Griessner Stadl reichten gemeinsam ein und wurden aus rund 800 Einreichungen ausgewählt, wie Ferdinand Nagele, der Obmann des Griessner Stadls, erklärt: „Wir haben die Förderung für das Projekt ‚Die Welt auf den Kopf stellen: Behindert sind wir alle‘ bekommen.“
Zusammenarbeit auf Augenhöhe
Die Idee: Ein inklusives Team bestehend aus KünstlerInnen und KundInnen der Lebenshilfe Murau arbeitet gemeinsam. Ferdinand Nagele: „Es geht nicht darum, dass Menschen mit Behinderung ein bisserl Theater spielen. Es geht darum, dass sich KünstlerInnen und Menschen mit Behinderung auf Augenhöhe begegnen und voneinander lernen.“
Sandra Walla-Trippl, Generalsekretärin der Lebenshilfe Steiermark, ist vom Projekt begeistert: „Es ist wirklich beeindruckend, wie professionell alle Teilnehmenden zusammenarbeiten. Man kann gar nicht sagen, wer von wem lernt: die SchauspielerInnen von der Theaterabteilung der Lebenshilfe oder doch umgekehrt.“
Auf der Biennale
Die ersten großen Auftritte haben die SchauspielerInnen aus Murau bereits hinter sich: Die Aufführung des Stücks „Kontaktkiller“ gemeinsam mit dem renommierten Theater Hora, ein inklusives Theater aus Zürich, hat für viel Applaus gesorgt.
Die Zusammenarbeit zwischen Lebenshilfe Murau und Griessner Stadl feiert aber nicht nur hierzulande Erfolge, sondern erregt bereits international Aufsehen: Die Theaterabteilung wurde 2022 beispielsweise auf die Biennale nach Venedig eingeladen. Dort sind die Teilnehmenden nicht als „SchauspielerInnen mit Behinderung“ aufgetreten, sondern als ExpertInnen und haben selbst Workshops für andere abgehalten.
„Dies ist ein Vorzeigeprojekt für Inklusion in Kunst und Kultur. Hier werden unsere KundInnen nicht als ‚SchauspielerInnen mit Behinderung‘ gesehen und eingeladen“, erklärt Sandra Walla-Trippl, „sondern als KünstlerInnen per se.“
Nächster Halt: Türkei
Mit der Biennale hört die Erfolgsgeschichte aber nicht auf: Es folgte die Einladung in die Türkei zu „InSEA – The International Society for Education Through Art“, dem weltgrößten Kongress für Kunstvermittlung.
„Da wurden Projekte aus der ganzen Welt eingereicht und die besten ausgesucht – darunter sind auch wir mit unserem Projekt zusammen mit der Universität für Angewandte Kunst Wien. Es war uns von Anfang an klar, dass wir gemeinsam hinfahren und über unsere Arbeit erzählen“, so Ferdinand Nagele.
Am Sonntag, 3. September 2023, geht es also für die Theaterabteilung der Lebenshilfe Murau los in die Türkei. Beim Kongress steht das Ensemble dann einerseits neben den anderen Teilnehmenden am Podium – und erzählt, wie sie die Welt auf den Kopf stellen. Andererseits lädt die Theaterabteilung die internationalen Teilnehmenden ein, bei Performances und Workshops mitzumachen.

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