Bad Aussee: Der Vormittag des Faschingdienstag gehört den Arbeitertrommelweibern

Während die Bürger am Faschingmontag freudvoll durch Aussee zogen, blieb den Arbeitern die Mitgliedschaft jahrhundertelang verwehrt. Der Unterschied zwischen Bürgertum und Arbeiterschaft zeigte sich damals auf vielen Ebenen. Die Bürger hatten Besitzungen im Stadtzentrum und waren bis zur Ablöse der Saline durch das Kaiserhaus sogar Besitzer der Salz-Sudpfannen. Die Arbeiter hingegen waren die Arbeitskräfte, die für die Salzgewinnung, die Holzeinbringung für die Befeuerung der Sudpfannen sowie die Verarbeitung der Sole verantwortlich waren und wohnten in den Ortschaften rund um das Zentrum. In den 1920er-Jahren war es auch nicht unüblich, dass es Orte in Gasthäusern oder öffentlichen Parks gab, zu denen Arbeiter keinen Zutritt hatten. Die Gründung der Ausseer Arbeitertrommelweiber spiegelte somit auch die Spannungen innerhalb der Gesellschaft wider, die später in ganz Österreich zu Ständestaat und Bürgerkrieg führten.

Genaue Fakten zur Gründung gibt es nicht. Überliefert ist aber die Geschichte, wonach die Markter Trommelweiber einem Mann, der zwar aus dem Bürgertum stammte, sein Geld aber als Arbeiter in der Saline verdiente, die Aufnahme verwehrten. Aus Protest und Solidarität dem Mann gegenüber haben die zwei Arbeitskollegen und Musikanen Rudolf Grill vlg. Hauser und Johann Vormayer im Jahr 1928 die Arbeitertrommelweiber ins Leben gerufen. Zur klaren Unterscheidung zu den bürgerlichen Markter Trommelweibern beschlossen die Männer, ihren Umzug am Faschingsdienstag zu bestreiten, während die Markter noch heute am Montag durch Aussee ziehen. Auch geografisch heben sich die Arbeitertrommelweiber bei ihrem Marsch ab. Sie durchstreifen nicht nur das Zentrum, sondern beginnen ihn im traditionellen Salinenviertel Unterkainisch. In punkto Kleidung gibt es ohnehin klare Unterschiede. Die Arbeitertrommelweiber treten ausschließlich in weiß gekleidet auf (die Bürger tragen bunten Schürzen), was wohl eine Reminiszenz an die Gründerväter und deren weiße Berufskleidung in der Saline ist.

Hier der Bilderbogen/©ARF

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Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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