Lawinenabgang Grimming – warum war die Anlage nicht eingeschaltet? Schwer nachvollziehbare Entscheidungsprozesse

Der Abgang einer Staublawine vom Grimming auf die Tunnelröhre am 2. Februar in der Klachau wirft jetzt vor allem eine Frage auf: Warum ist die Ampelanlage nicht eingeschaltet gewesen? Die Nachfragen ergaben schwer nachvollziehbare Entscheidungsprozesse, weil mehrere Gremien hierarchisch eingebunden sind. Hinzu kommt, dass das Lawinenradar von einer Spezialfirma überwacht wird, die wiederum über die Einschaltung/Ausschaltung der Anlage überhaupt nicht informiert worden ist.

Wer überwacht das Alarmsystem (Lawinenradar)?

” Das Lawinenradar überwacht 24/7 den Berghang und alarmiert autark innerhalb von 1-2 Sekunden ab Abriss der Lawine. Die Firma IBTP Koschuch überwacht online das Radar auf Funktionstüchtigkeit, bzw. das Radar meldet selbstständig eine Störung. Die Anlage funktioniert bei jeder Witterungslage (Schnee, Regen, Nebel) ohne dabei beeinträchtigt zu werden und hat auch an diesem Tag funktioniert. Für den Lawinenalarm gibt  es die Möglichkeit verschiedene Alarmierungsstufen einzustellen.
Bei der Anlage Grimming sind folgende Stufen eingestellt
Stufe 1: Interner Alarm: Das sind alle Bewegungen am Hang (kleine Schneeabbrüche, Kleinstlawinen, Steine, Tiere, Hubschrauber etc.). Diese Alarmschwelle führt nur zu einer Benachrichtigung an uns.
Stufe 2: Warnschwelle Lawine
Hier handelt es sich schon um eine ganz ordentliche Lawine, die aber noch nicht so mächtig bzw. schnell ist, um auch eine Gefahr für die Straße zu werden. Diese Alarmschwelle wird auch der Straßenverwaltung/ZAMG/Lawinenkommission durchgeschaltet. 
Stufe 3: Alarm-Ampel Rot
Bei dieser Schwelle wird der Trigger zur Ampelanlage ausgelöst. Die Lawine erreicht sehr wahrscheinlich die Straße.
Die Stufen 1-3 werden schon ganz oben eindeutig erreicht und gesetzt. Bei der großen Lawine im Video zum Beispiel schon im Nebel, noch bevor man die Lawine eigentlich sieht. Man hat also noch 45-60 s, bevor die Lawine die Straße erreicht. Das Radar hat diese Stufe auch der Tunnelanlage übermittelt (Direktleitung)

In Summe haben wir die Anlage jetzt im 3. Winter in Betrieb, vorher war ein Radar der TU Graz installiert.”

2. Wer entscheidet, ob die Ampelanlage aktiviert wird?

Letztlich aktiviert die Anlage die Landesstraßenverwaltung, aber erst, nachdem die ZAMG bzw. die zuständige Fachabteilung 16 des Landes Stmk. eine Entscheidung getroffen haben. Dieser Auftrag erfolgt schriftlich.

Es gibt zusätzlich die örtliche Lawinenkommission, die ZAMG (der staatliche meteorologische und geophysikalische Dienst Österreichs) beliefert nur mit einer Einschätzung der Lage (Wetterdaten, Schneehöhe etc.) und gibt deren Einschätzung zur Situation. Gemeinsam ( ZAMG, Land) spricht man dann eben eine Empfehlung für die Straßenverwaltung aus. Zuständig für die Freischaltung ist der Straßenerhalter. Man kann also von einem zumindest schwer nachvollziehbaren Entscheidungsprozess sprechen, noch dazu herrschte an diesem Tag Lawinenwarnstufe 4 (eine sehr hohe Stufe). Sie wurde von der Lawinenwarnkommission Stmk erstellt, und dahinter steht die steirische Direktion der ZAMG. Klar ist aber: Von der ZAMG kam an diesem Tag keine Empfehlung, die Anlage einzuschalten.

3. Warum ist die Anlage nicht ständig eingeschaltet?

Offenbar ist die Anlage sehr sensibel, es gibt die Befürchtung, dass sie sich zu oft einstellen würde, z.B. auch bei Sturm. Aber dass das so ist, überrascht in diesem Zusammenhang einige, auch die Firma IBTP Koschuch, die für das Lawinenradar zuständig ist. In einem Mail heißt es: ” Wir waren der Meinung, dass die Anlage durchgeschalten ist. Bei unseren anderen Kunden ist so eine Anlage für die Saison Nov-Mai für Lawinen, Mai-Oktober für Muren oder ganzjährig für Steinschlag aktiv und in Betrieb, das ist auch unsere Empfehlung. “

All das ist nicht sehr vertrauenswürdig. Das Nadelöhr passieren am Tag tausende Autofahrer, die sich durch das Grün der Ampelanlage sicher fühlen, bei Ferienbeginn noch mehr. Ob das jetzt auch noch so ist?

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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